Geschichte

Auf den geschichtlichen Spuren von Lörzweiler

Von einem breiten Hügelhang zwischen Gaustraße und B 9 blickt Lörzweiler weit ins Land. Das gepflegte, schöne Weindorf gewinnt auch durch seine Geschichte an Reiz und durch die Spuren, die sie hinterlassen hat. Anno 825 tauchte »Lorenzevillare« zum ersten Mal in einer Urkunde auf. Landesherr war nach der Jahrtausendwende das Erzstift Mainz. Die Mainzer Stifte St. Stephan, Liebfrauen und St. Johannis verfügten über Äcker und Weingärten in der besten Lage, dem Hohberg. Eberhard von Hohenfels belehnte das Rittergeschlecht Hundt von Saulheim 1444 mit dem Ort. Von diesem zog eine Seitenlinie ins Lörzweiler »Schloss«, wie man den stattlichen Adelshof nannte. Durch Heirat ging er mit dem Dorf im 17. Jahrhundert an die Freiherrn von Hettersdorf über. Das Wappen der Ritter Hundt, drei Halbmonde um einen Stern ,finden wir auf dem oberen Teil eines gotischen Sakramentshäuschens, das 1790 in die Choraußenwand der katholischen Kirche eingesetzt wurde. Wie auch der schöne Wappenstein der Hettersdorfer darunter über der Jahreszahl 1790 zeigt dieser einen Zweig mit fünf Blättern, auch Lindenbäumchen genannt.

Kirche-vom-Hohberg
Wappenstein Rathaus

Ein zweites Wappen dieser Ortsherren mit einem Hinweis auf das Geschlecht und seinen Besitz von 1762 ziert heute die Giebelwand des Rathauses. Das Lindenbäumchen ist zum Ortswappen von Lörzweiler geworden. Das Haus mit dem dritten Hettersdorf-Wappen steht in der Schlossstraße dort, wo in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts das Hauptgebäude des Schlosses abgerissen wurde. Ein Nebengebäude und die Zehntscheuer blieben erhalten. Aus dem Schlosspark wurde der Friedhof. Wo an einem Haus in der Schlossstraße ein Rokoko-Dekor die Zahl 1767 umrahmt, ist 1979 in einem Hof der Renaissance-Treppenturm des Schlosses auf seinen echten Fundamenten samt seiner Spindeltreppe wiedererstanden. Als gelungenes Beispiel für die Verbindung einer barocken Kirche mit einer modernen ist die 1790 erbaute St. Michaels-Kirche allein schon einen Besuch von Lörzweiler wert. Der 1972 vollendete dreigiebelige Anbau, eine weite Halle mit hohen, vielfarbig leuchtenden Fensterwänden, hellem Fichtenholzdach und solider, schlichter Ausstattung lässt der seitlich geöffneten alten Kirche innen und außen genügend Eigenständigkeit.

St.Michael Panorama

Ein Marmoraltar aus dem Ostchor des Mainzer Domes, 1683 von Arnold Harnisch geschaffen, ist hier 1868 als Hochaltar aufgestellt worden. In Mainz musste er mit zwei Nebenaltären, die sich heute inBodenheim befinden, dem Chorumbau weichen. Zwischen zwei korinthischen Säulen zeigt das Altarbild des Holländers Johann Baptist de Ruel, der am Mainzer Hof wirkte, die Himmelfahrt Mariens. Im Dom bekrönte den Altar ein Marmoraufsatz mit einer Darstellung der Heiligen Dreifaltigkeit. Dieses Gemälde wurde in Lörzweiler in die Decke des Chors eingelassen. Gottvater und Gottsohn blicken darauf der Gottesmutter entgegen. Dem Altar wurde stattdessen ein Lamm Gottes im Strahlenkranz aufgesetzt. Im Altargiebel prangt das Wappen des Domdekans Wolff-Metternich, der den Altar 1683 »in den Dom gestiftet« hatte. Die Erzengel St. Michael und St. Raphael über den seitlichen Durchgängen wurden 1895 dazugestellt.

Chor

Der leidende Christus und die Schmerzhafte Mutter an der Längswand der Kirche sind wesentlich jünger als ihre Rokokokonsolen mit den Jahreszahlen 1760 und 1750. Um 1750 entstand aber die Figur der heiligen Klara unweit des Eingangs. An der inneren Giebelwand, wo zwei Emporen weichen mussten, hängt nun ein erhabener Kruzifixus zwischen drei Putten. Die hölzerne Kanzel am Triumphbogen rechts ist ein Meisterwerk des beginnenden 18. Jahrhunderts aus Mainz. Am Triumphbogen links erinnern Fragmente an die Vorgängerin der barocken Kirche: ein Fensterbogen der 1936 abgerissenen gotischen Sakristei mit dem Wappen eines Ritters von Saulheim und ein Wappen vom Grabmal der Barbara Haberkorn von Bellingen, die mit dem Ortsherrn Friedrich Hundt von Saulheim verheiratet war und 1591 starb.

Die bunten Betonglasfenster in der neuen Taufkapelle
verbinden St. Michael und biblische Motive mit Lörzweiler und der heutigen
Kirche, die im Fenster rechts unten zu erkennen ist. Ein schon 1303 erwähnter
Königssitz, der 1525 urkundlich genannte Flurname »Auf dem Königsstuhl« und die
Nähe der Krönungsstadt Mainz sprechen dafür, dass der Salier Konrad II. im
September des Jahres 1024 in der Lörzweiler Gemarkung zum deutschen König
gewählt worden ist. Da erstreckt sich eine weite baumlose Fläche wie sie
»zwischen Mainz und Worms« liegend – der Hofkaplan Wippo als Augenzeuge
beschrieben hat. Hier konnte sich der neue Herrscher auf steinernem Hochsitz
von Tausenden huldigen lassen. Noch am gleichen Tag mussten Salbung und Krönung
erfolgen. Erzbischof Aribo vollzog sie im Mainzer Dom. An dem barocken
Sandsteinkreuz am Ende der Königsstuhlstraße führt der nach links abzweigende
Weg zu einem Findling, der die Flur »Auf dem Königsstuhl« kennzeichnet und
alljährlich beim »Königsstuhlfest« aufgesucht wird. Auf dem Hohberg, nördlich
von Lörzweiler, haben die Einwohner ein Kreuz zum Dank dafür errichtet, dass in
der Gemarkung niedergegangene Bomben das Dorf nicht getroffen haben. Weine der
Einzellagen Hohberg, Königsstuhl und Ölgild sorgen für Stimmung und viele
Gäste, wenn Lörzweiler seine Feste feiert.

Altarraum
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